Personen-Lexikon

Lexikon der Referenten der „Leitfossilien“-Reihe und weiterer Wissenschaftler

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Simon Marius

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Der Gunzenhausener Mathematiker, Arzt und Astronom Simon Mayr (1573 - 1624), der sich Marius nannte, war markgräflicher Hofastronom in Ansbach. Für die Jahre 1601 bis 1629 erschienen seine Jahreskalender „Prognosticon astrologicum“. Mathematische Exzellenz bewies Marius, indem er „Die Ersten Sechs Bücher Elementorum Euclidis“ (Ansbach 1610) übersetzte. Schon in der präteleskopischen Ära war er ein versierter Beobachter, der über den Kometen von 1596 publiziert und die Position der Supernova im Sternbild des Schlangenträgers von 1604 präzise bestimmt hatte. Durch seinen Förderer Johannes Philipp Fuchs von Bimbach konnte Marius ab Sommer 1609 ein belgisches Fernrohr benutzen, mit dem er nach eigener Aussage am 29. Dezember 1609, julianischen Datums, also einen Tag nach Galilei, der seine Angaben bereits im gregorianischen Stil vornahm, Jupitermonde entdeckte.

Seine wissenschaftlichen Ergebnisse publizierte Marius ausführlich erst 1614 im „Mundus Iovialis“, woraufhin ihn sein berühmter italienischer Konkurrent, der seine Priorität schon im März 1610 durch den „Sidereus Nuncius“ sicherte, im „Saggiatore“ von 1623 des Plagiats bezichtigte. Im Gegensatz zu Galilei bemerkte Marius jedoch, dass die Bahnebene der Jupitermonde gegen die Äquatorialebene des Jupiters wie auch die Ekliptik leicht geneigt ist, wodurch sich die Abweichungen in der Breite erklären lassen. Er stellte auch fest, dass sich die Helligkeit der Monde ändert. Für 1608 bis 1630 berechnete Marius Tabellen.

Venusbeobachtungen erwähnte Marius in einem Brief vom Sommer 1611, Sonnenflecken beobachtete er seit August 1611 und fand im November, dass die Bewegung der Sonnenflecken und damit deren Achse zur Ekliptik geneigt ist. Im Jahr 1619 vermutete er erstmals deren Periodizität. Im Dezember 1612 sah Marius als erster Europäer den Andromedanebel und 1618 verfolgte er von Ende November bis Dezember den dritten und großen der drei Kometen dieses Jahres.

Obwohl Marius die wichtigsten astronomischen Entdeckungen des frühen 17. Jahrhunderts vorlagen, bezog er gegen die heliozentrische Lehre Position und favorisierte das Tychonische Weltbild, das er selbst gefunden haben will.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte nachgewiesen werden, dass Marius völlig selbstständig forschte, doch sein Werk steht noch immer unter dem Schatten des Plagiatvorwurfs. Schon seine frühesten Beobachtungen belegen eine größere Präzision und sind den modernen Werten näher als diejenigen Galileis, was für die Ehrlichkeit von Marius spricht.

Die im 20.Jahrhundert eingeführte Benamung der Jupitertrabanten mit den Namen der Liebschaften des mythologischen Göttervaters geht auf Marius zurück, der dazu von Johannes Kepler angeregt wurde. Unter anderem wurden ein Mondkrater, ein Asteroid und ein Gymnasium in Gunzenhausen nach Simon Marius benannt.

Eine detaillierte Werkübersicht hat Dr. Hans Gaab erstellt. Nach dem Simon Marius-Kolloquium im Rahmen des Internationalen Jahrs der Astronomie erschien von Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt der Sammelband „Simon Marius, der fränkische Galilei, und die Entwicklung des astronomischen Weltbildes“ bei tredition science (Nuncius Hamburgensis; Band 16), Hamburg 2012. Zum Simon-Marius-Jubiläum im Jahr 2014 (400 Jahre „Mundus Iovialis“) veranstalteten 66 Kooperationspartner 60 Veranstaltungen - überwiegend Vorträge, einige Ausstellungen und die Tagung "Simon Marius und seine Zeit". Zur Tagung gaben im Jahr 2016 Hans Gaab und Pierre Leich in der Reihe Acta Historica Astronomiae den Sammelband "Simon Marius und seine Forschung" heraus, der 2018 auf Englisch erscheint. Kernprojekt des Simon-Marius-Jubiläums war der Start des Marius-Portals, das alle Literaturquellen und elektronisch verfügbaren Texte zusammenzuführt und bequem einsehbar macht. (pl)

Curriculum Vitae

1573 Geboren am 10. Januar in Gunzenhausen
1586 – 1601 Besuch der Fürstenschule Heilsbronn
1594 Marius beginnt meteorologische Aufzeichnungen
1601 Aufenthalt bei Tycho Brahe in Prag
1601 – 1605 Studium der Medizin an der Universität Padua
1604 – 1605 April bis Juli 1605 Bibliothekar der „Natio Germanica“
1604 – 1605 Juli 1604 bis Juli 1605 Consiliare (Geschäftsleitung) der „Natio Germanica“
1604 – 1605 März 1604 (greg. Kal.) bis Juli 1605 als Prokurator (zuständig für Durchführung von Immatrikulationen und Verwaltung der Kasse) der „Natio Germanica“ a.d. Universität Padua („Deutsche Nation“, eine Korporation von Studenten und Dozenten aus dem weiteren deutschen Sprachraum)
1606 Eheschließung mit Felicitas Lauer, der Tochter seines Nürnberger Verlegers Hans Lauer
1606 – 1624 Hofmathematicus in Ansbach
1612 Geschenk eines silbernen Bechers von der Stadt Gunzenhausen
1613 Treffen mit Johannes Kepler in Regensburg
1614 Erscheinen seines Hauptwerks „Mundus Iovialis“ (Jupiterwelt)
1624 Gestorben am 26. Dezember (julianisch; = 5. Januar 1625, gregorianisch) in Ansbach